Alles Große ist einfach, aber das Einfache ist eine Kunst.

"Passt scho ..."

In meinen Seminaren gibt es keine abschließenden Feedbackrunden mehr. Vergeblich warten die Teilnehmenden auf Fragen wie: "Was hat Ihnen besonders gut gefallen? Was nicht? Und was könnte anders sein?" Warum?

Nehmen wir zum Vergleich mal eine Köchin. Keine Sterneköchin, die ständig in den Medien präsent ist, sondern eine, die ihre Zeit und Energie lieber darauf verwendet, ihren Gästen gute und solide Kost zu angemessenen Preisen zu servieren. Also so was wie die Cousine vom besten Schneider der Straße. Sie verstehen, was ich meine.

Diese Köchin hat sich spezialisiert auf, sagen wir mal: Cordon Bleu. Das macht sie gerne, das kann sie gut, darin hat sie Erfahrung. Dazu gibt es verschiedene Beilagen, aus denen der Gast wählen kann, alle Zutaten genau in der Karte aufgeführt. Das Lokal läuft seit Jahren gut und ist fast immer ausgebucht.

Die Köchin weiß, was gut ist

Würde sich diese Köchin nun nach dem Essen mit ihren Gästen zusammensetzen und wissen wollen, was diese genau von dem Cordon Bleu halten und was sie daran verändern wollen – in allen Einzelheiten und epischer Länge? Wohl kaum! Die Köchin weiß, dass ihr Cordon Bleu gut ist, und sie weiß auch, dass zu einer gelungenen Mahlzeit noch andere Faktoren beitragen, als das Essen selbst. Faktoren, auf die sie wenig bis gar keinen Einfluss hat.

Sie will sich nicht mit Vorschlägen wie einer Rucola-Algen-Füllung auseinandersetzen, oder dem Sinnieren, ob man als Beilage statt der Pommes doch lieber den Reis hätte nehmen sollen, oder dem Lamentieren über die Gäste am Nebentisch. Oder, oder, oder. Den Zufriedenheitsgrad ihrer Gäste erschließt sich die Köchin aus deren Auftreten und aus der Stimmung, die im Lokal herrscht. Und später, wenn alle gegangen sind, macht sie sich ihre Gedanken dazu. Wenn sie das nicht könnte, dann hätte sie ihren Beruf verfehlt.

In meiner bayrischen Heimat Oberpfalz gibt es für solche Gelegenheiten ein sehr schönes, weil sozialverträgliches Ritual: Auf die abschließende Frage: "War's recht?" antwortet der Gast mit dem alternativlosen "Passt scho". "Passt scho" lässt ein breites Interpretationsspektrum zu. Es kann z. B. absolute Ekstase ausdrücken – oder das genaue Gegenteil. Der Oberpfälzer neigt nicht zu verbalen Gefühlsausbrüchen. Er würde auch nicht vor den anderen Gästen auf den Tisch kotzen, egal wie speiübel ihm wäre, sondern würde das zu Hause erledigen. Um da vielleicht zu merken, dass gar nicht das Essen Schuld war, sondern z. B. seine Magenverstimmung. Und dann dieses Lokal gerne wieder aufsuchen – oder eben auch nicht. Je nachdem, zu welchen Schlüssen er nach eingehender Überlegung kommt.

Deshalb stelle ich in meinen Schlussrunden (die es natürlich schon gibt, aber mit einer anderen Fragestellung) mir selbst die Frage „War's recht?“ und erschließe mir aus dem Verhalten meiner Kunden die Antwort: "Passt scho."

Veröffentlicht auf dem Weiterbildungsportal www.managerSeminare.de

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